Classtime – Lernzielkontrollen und digitale Prüfungen
Bei Classtime.com handelt es sich um eine digitale Plattform für Prüfungen oder Übungsaufgaben. Diese soll den Korrekturaufwand reduzieren. In den folgenden Abschnitten soll das Prinzip der Plattform erläutert und von zwei praktischen Erfahrungen berichtet werden:
Fragen
Der zentrale Bestandteil der Plattform sind die Fragen. Diese können selbst erstellt oder von anderen bezogen werden. Jede:r kann seine Fragenset zur öffentlichen Fragenbibliothek hinzufügen und somit auch von dort beziehen. Zusätzlich können Lehrmittelverlage – momentan sind noch keine Verlage auf Sek-I-Stufe dabei – ihre Fragen gegen einen jährlichen Aufpreis ebenfalls freischalten (z. B. LMVZ digital). Der Auskunft eines Mitarbeiters seien sie unter anderem gerade mit diesen in Verhandlung. Die Fragen werden in Sets gespeichert. Diese können wiederum auf der Startseite oder in Unterordnern abgelegt werden. Diese Ordner können Schulintern mit anderen geteilt werden.
Fragetypen:
- Single Choice: Mehrere Antworten zur Auswahl, nur eine richtig
- Multiple Choice: Mehrere Antworten zur Auswahl, mehrere können richtig sein
- Richtig oder Falsch: Eine Aussage, richtig oder falsch als Antwortmöglichkeit
- Freitext: Schüler:innen tippen ihre Antwort selbst ein (dies ist der einzige Aufgabentyp, welcher nicht selbst korrigiert werden kann)
- Sortieren: Verschiedene Textblöcke müssen in die richtige Reihenfolge gebracht werden
- Kategorisieren: Spalten und Zeilen müssen miteinander verbunden werden (nur eine richtige Lösung pro Zeile)
- Kategorisieren / Matching: Spalten und Zeilen können einander zugeordnet werden (mehrere Lösungen können richtig sein)
- Hervorheben von Text: In einem Text muss der richtige Ausschnitt markiert werden
- Hotspot: Auf einem Bild muss der richtige Ausschnitt ausgewählt werden. (vgl. Bild 1)
Session
Wenn ein Fragenset geprüft werden soll, dann aktiviert man eine Session. Dabei muss entschieden werden, ob das Fragenset als Prüfung oder als Kollaborative Challenge gestartet werden soll. Es können auch diverse Einstellungen vorgenommen werden (vgl. Bild 2.). Unter anderem soll in Kürze der Safe-Exam-Browser implementiert werden.
Preisgestaltung
Es gibt drei verschiedene Abonnements. Für das Ausprobieren wurde die Premiumlizenz (60-Tage Testversion) genutzt. Diese kostet normalerweise pro Lehrperson und Monat fünf Franken. Die meisten Funktionen sind dabei inklusive (vgl. Bild 3). Es gäbe auch noch eine Schullizenz, bei der noch zusätzliche Funktionen verfügbar wären. Erwähnenswert dabei ist die Integration in MS Teams. Für ein 15-köpfiges Lehrerteam kostet dies 1’500 Franken pro Jahr.
Erfahrungen «Kollaborative Challenge»
Anlässlich einer Mathelektion habe ich Übungsaufgaben erstellt und diese mit einer kollaborativen Challenge überprüfen wollen. Es gibt verschiedene Szenarien, welche ausgewählt werden können. In der Premiumversion sind diese freigeschaltet, bei der Gratisversion müssen diese separat gekauft werden. Es gibt sechs animierte Szenarien (z. B. bedrohte Tierarten retten oder die Stadtverschmutzung reduzieren) sowie Bilderpuzzles. Letztere können auch mit eigenen Bildern gestartet werden. Das Ziel ist es, als Klasse die nötige Punktzahl zu erreichen, um die Challenge abzuschliessen. Ich habe mich für die Challenge der bedrohten Tierarten entschieden. Dabei sehen die Schüler:innen den Spielscreen auf der Leinwand (vgl. Bild 4)
Die Lehrperson öffnet in einem anderen Fenster auf einem anderen Bildschirm die Sessionsübersicht (vgl. Bild 5). Sofern das nicht möglich ist, diese auf einem separaten Gerät öffnen. Darin können die Antworten eingesehen und beurteilt (bei Freitextfragen) oder zur nächsten Aufgabe weitergeschaltet werden.
Die Schüler:innen haben laufend einen animierten Zwischenstand und sehen auf der Seite, wie viele Fragen noch kommen und wie gut die bisherigen beantwortet worden sind (vgl. Bild 6).
Am Ende der Challenge sehen die Schüler:innen den Siegerscreen (vgl. Bild 7). Die Tier-Challenge ist sowohl kollaborativ als auch eine Art Wettkampf gegeneinander. Wenn das Ziel von 800 Punkten erreicht wird, überlebt das Tier. Allerdings möchte man auch die grösste Punktzahl in der Klasse erhalten. Das Feedback der Schüler:innen war durchwegs positiv.
Erfahrungen «Session» / Prüfung
Die anstehende Deutsch-Textverständnis-Prüfung haben wir kurzerhand in Classroom implementiert. Das Kopieren der Fragen dauerte ungefähr 15 Minuten.
Bis auf vier Schüler:innen konnten alle die Prüfung problemlos starten. Bei den anderen funktionierte es nach einem Neustart des iPads ebenfalls. Bei einzelnen Schüler:innen ist zwischenzeitlich die Verbindung zum Prüfungsserver unterbrochen worden. Da half es, die Seite neu zu laden. Die bereits gelösten Aufgaben wurden auf dem Server gespeichert und waren daher noch vorhanden.
Bereits während dem Lösen der Prüfung können die Resultate der Schüler:innen betrachtet und korrigiert werden. Richtige Antworten werden mit einem grünen und falsche mit einem roten Häkchen visualisiert. Gelbe Augen stehen für noch nicht validierte (Freitext-)Aufgaben (vgl. Bild 8). Diese könnten bereits währenddem die Schüler:innen die Prüfung schreiben, korrigiert werden. Falls sie ihre Eingabe nochmals ändern, wird diese jedoch wieder zu einer «nicht validierten Antwort».
In den Einstellungen für die Prüfung habe ich «Fragen mischen» aktiviert, so dass die Fragen in unterschiedlicher Reihenfolge kommen und ein Auseinandersetzen nicht notwendig gewesen wäre. Allerdings ist dies ein Nachteil, wenn bereits während der Prüfung mit dem Korrigieren begonnen wird.
Der Korrekturaufwand im Vergleich zu einer herkömmlichen Papier-Prüfung ist meiner Meinung nach merklich geringer. Einerseits ist ungefähr ein Drittel der Aufgaben automatisch beurteilt, weil es keine Freitextaufgaben sind. Grössere Freitextaufgaben müssen jedoch einzeln von jede:r Schüler:in bewertet werden (vgl. Bild 9). Dabei kann man entscheiden, ob die Antwort richtig oder falsch ist und wie viele Punkte die Schüler:in bekommen soll. Die Vorteile hier sind jedoch, dass man alle Antworten dieser Aufgabe miteinander vergleichen kann. Zudem ist der Name nicht sichtbar, sofern man nicht mit der Maus darauf bewegt. Diese beiden Punkte vereinfachen aus meiner Sicht eine objektive Bewertung.
Bei kleineren Freitextantworten muss man nicht alle Antworten einzeln validieren (vgl. Bild 10). Das System erkennt identische Antworten und validiert sie entsprechend gleich. Auch wenn später ein:e Schüler:in dieselbe Antwort gibt, wird diese gleich bewertet.
Am Ende kann man die Prüfungsergebnisse als Excel-Sheet exportieren und die ich konnte die Punktzahl direkt im Verwaltungstool importieren. Ein Prüfungsexport der Schüler:innen ist auch möglich.
Fazit
Ich finde, dass Classtime Potenzial hat. Es ist aus meiner Sicht die Kosten allemal wert, um die dafür geeigneten Prüfungen auf diese Weise lösen zu lassen. Vor allem in den Sprachen (Textverständnis / Hörverständnis) oder auch in gewissen RZG-Prüfungen lässt sich das sehr gut einsetzen. Beim Schreiben der nächsten Prüfung habe ich mir immer die Frage gestellt, welchen Aufgabentyp ich nun bei Classtime nehmen würde. In der Mathematik ist hingegen ein Einsatz weniger häufig brauchbar. Wir werden als Schule einen achtwöchigen Testblock machen, in welchem vier Lehrpersonen das Abo der Schullizenz testen dürfen. Allenfalls werden wir dieses auf kommendes Schuljahr anschaffen.
Kevin Huber, Klassenlehrer Sek I und iScout an der Sekundarschule Feldbach in Steckborn