Mike Buser ist Primarlehrer Zyklus 2 aus Bern und leidenschaftlicher Gamer.
Er entwickelte das Projekt «Gamekultur in der Schule» im Schuljahr 2019/2020 und startet in diesem Schuljahr mit einer Game-Zone an seiner Schule. Auf seiner Webseite «Gamekultur in der Schule» berichtet er darüber.
Auf deiner Webseite beschreibst du dich als leidenschaftlichen Gamer. Wann hat diese Leidenschaft bei dir begonnen?
Angefangen hat die Faszination mit meinem ersten GameBoy, den ich mit etwa acht Jahren geschenkt bekommen habe. Da habe ich Pokémon blau und andere Spiele gespielt und ein erstes Mal den Sog dieser fiktiven Welt, die ich bisher vor allem aus Büchern kannte, gespürt. Eine Spielkonsole durfte ich nicht, da waren meine Eltern dagegen.
Ich habe mir dann später einen eigenen PC gekauft und zusammengebaut. Das Gamen hat mich während meiner Schulkarriere immer begleitet und einige meiner besten Freunde kenne ich auch deshalb so gut, weil wir viele Stunden zusammen vor dem Computer verbracht haben. Ich game immer noch gerne, mein Spielverhalten hat sich aber schon stark verändert.
Der Klischee-Gamer, der täglich bis spät nachts zockt, bin ich definitiv nicht mehr. Ich spiele verschiedene Spiele und probiere gerne Neues aus, gerade auch Games neben den grossen Mainstream-Titeln.
Aktuell unterrichte ich eine 5. Klasse. Ich mag es, auch mit meinen SchülerInnen über das Gamen zu reden. Die Kids sind manchmal fasziniert, dass ich z.B. weiss, was Fortnite ist, es auch schon selber ausprobiert habe und mit ihnen über die Inhalte, aber auch die Gefahren wie z.B. Ingame-Käufe diskutieren kann. So habe ich einen anderen Zugang zum Thema, als wenn ich einfach mit dem Mahnfinger auf die negativen Aspekte des Gamens zeige, wie das meiner Erfahrung nach noch in einigen Schulen der Fall ist.
Auf deiner Webseite «Gamekultur in der Schule» beschreibst du die Umsetzung deines Wahlfaches für die 5./6. Klasse. Wie kommt das Wahlfach bei deinen SuS an?
Das Wahlfach startet erst im Januar. Ich habe während eines Jahres mein Projekt im Rahmen einer Fellowship-Anstellung an der PHBern geplant und wurde auch bei der Finanzierung von der PHBern unterstützt. Das Wahlfach stiess sowohl bei den Lehrpersonen als auch bei der Schulleitung auf Interesse und ich erhielt deshalb die Möglichkeit, meine Ideen auch in der Praxis zu testen.
Das Wahlfach habe ich für die 6. Klasse ausgeschrieben und es haben sich die Hälfte aller 6. Klässler angemeldet. 6. Klässlerinnen haben sich bisher keine angemeldet. Ich schaue jetzt einmal, wie es bei den Kindern ankommt. Einige freuen sich bereits auf das Gamen im Wahlfach. Ich könnte mir vorstellen, dass noch nicht ganz allen klar ist, dass wir nicht einfach 2 Stunden Fortnite spielen werden. Ich bin deshalb gespannt, wie die Kinder auf die Inhalte der Module reagieren. Ich versuche, die Inhalte der Theorie mit der Praxis zu verknüpfen. Zum Beispiel beschäftigen wir uns beim Thema «Game Geschichte» mit alten Spielen und probieren diese auch aus.
Die Games, welche ich für mein Projekt ausgewählt habe, sind nicht die klassischen, bekannten AAA-Games (wie Fifa, Fortnite und co.). Ich habe viele Indie Games, Spiele aus der Schweiz und couch co-op Games (Games, die man zusammen auf dem Sofa spielen kann) getestet und auf meiner Website vorgestellt. Gerade bei co-op Games braucht es um zu gewinnen mehrere Leute und die Kommunikation steht im Zentrum. Etwas, was dem gängigen Klischee vom abgeschotteten Gamer definitv widerspricht.
Ich bin durch die Unboxing-Story deiner neuen Spielutensilien auf Instagram auf dich aufmerksam geworden. Wie setzt du das neue Material im Unterricht ein?
Das Wahlfach findet jeweils einmal pro Woche statt und dauert zwei Lektionen. Ich habe geplant, dass wir uns jeweils eine Lektion mit Inhalten der Gamekultur auseinandersetzen und eine Lektion gemeinsam gamen. Das war mir wichtig, denn die Jugendlichen sollen selbst aktiv werden und in die Gaming Welt eintauchen können.
Du bietest das Wahlfach «Gamen» an deiner Schule an. Wie hat deine Schulleitung auf deine Idee reagiert?
Vor der Wahlfachsitzung war ich nervös und habe mich gut darauf vorbereitet. Als ich meinen Vorschlag präsentiert habe, waren alle von der Idee überzeugt. Gamen ist ein grosses Thema in der Schule und ich habe das Gefühl, dass man durch den handelnden Zugang mehr erreichen kann, als wenn man nur darüber spricht. Auch die Eltern sind in meinem Unterricht herzlich willkommen.
Das Wahlfach findet im Jugendraum statt, denn an unserer Schule fehlte der Platz. Ich sehe das als Chance! Vielleicht ergibt sich so dann auch eine Zusammenarbeit mit der Jugendfachstelle. Dafür bin ich offen.
Wie funktioniert das mit den Wahlfächern im Kanton Bern an eurer Schule?
Wir erhalten ein Kontingent an Lektionen, welche auf die Lehrpersonen verteilt werden können. Lehrpersonen, welche eine coole Idee haben, können so ihr Wahlfach vorstellen und meistens auch anbieten.
Ich könnte mir auch vorstellen, dieses Thema im Rahmen einer Projektwoche zu umzusetzen. Deshalb habe ich meine Unterrichtsinhalte modular aufgebaut, so können auch nur einzelne Module umgesetzt werden.
Für den Medien und Informatik-Unterricht eignet es sicher weniger, da es ein grosser finanzieller Aufwand ist und eine gute Infrastruktur benötigt.
Was lernen die Schülerinnen und Schüler?
Mein Ziel ist es, den Jugendlichen zu zeigen, dass die Welt der Games mehr ist wie Fortnite, FIFA, Brawl Stars und Minecraft. Ich vergleiche es gerne mit dem Musikunterricht. Auch wenn viele Jugendlichen auf meiner Stufe am liebsten nur Charts singen möchten, stehen durchaus auch ältere, einheimische oder etwas exotische Lieder auf dem Programm. Natürlich darf auch der eine oder andere Chart-Song nicht fehlen. Dazu schauen wir verschiedene Aspekte der Musik an, es wird nicht einfach 45 Minuten lang gesungen; das gemeinschaftliche Musizieren steht aber im Vordergrund.
Ähnlich ist es mit der Game-Zone. Ich möchte den Schülerinen und Schülern die ganze Breite der Game-Kultur vermitteln, immer in Verbindung mit dem eigenen Spielspass. So sind z.B. Module zu Game Design, zur Schweizer Gaming Branche, zur Community-Arbeit in der Szene oder auch die Erstellung von aussagekräftigen «Let’s plays» geplant.
Auf Instagram bietest du deine Unterrichtsvorschläge kostenlos an. Was war deine Motivation, dies mit anderen Leuten zu teilen?
Ich finde es spannend, wenn sich andere Personen an das Thema wagen. Deshalb habe ich auch mit einem Instagram-Account und Twitter-Account gestartet und möchte so möglichst viele Leute erreichen. Das Projekt ist noch immer in Entwicklung und ich bin sehr froh um Feedback, vor allem auch aus der Schullandschaft.
Machst du dazu auch Weiterbildungen für Lehrpersonen?
An der PHBern finden zwei Weiterbildungen statt. Am 17. Februar 2021 und 09. Juni 2021 stelle ich mein Projekt vor. Natürlich werde ich auch im Kurs mit den Lehrpersonen gamen
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