Als ich plötzlich keine Wandtafel mehr hatte
Wer hat nicht schon damit gearbeitet oder davon gehört? Interaktive Whiteboards (IAW) sind in immer mehr Schweizer Klassenzimmern anzutreffen und ähnlich wie es vielen Lehrpersonen geht, habe auch ich jahrelang eines dieser Geräte bei mir im Klassenzimmer gehabt. Die Verwendung war allerdings meist spärlich und problemanfällig. Einfacher war es auf die reguläre Wandtafel auszuweichen und das digitale Board maximal als Beamerleinwand zu benutzen.
Seit Anfang dieses Schuljahrs unterrichte ich allerdings eine sehr kleine Klasse in einem noch kleineren Klassenzimmer, in welchem nur eines von beidem Platz gehabt hätte: Eine Wandtafel oder ein IAW. Wie man vielleicht schon erahnen kann, konnte ich von nun an nicht mehr darauf ausweichen, laminierte Bilder mit Magneten zu versehen und diese auf der Wandtafel zu gebrauchen. Auch meiner digitalen Wandtafel dürfen nämlich keine Magnete angebracht werden. Es war allerdings dafür ein neueres Modell: ohne Beamer und mit funktionierenden Stiften.
Die Sommerferien verbrachte ich dann nicht nur mit dem Einrichten des neuen Klassenzimmers, sondern auch meiner Wandtafel: Apps wurden installiert, Stifte ausprobiert, die Handschrift geübt und Material eingescannt, damit ich es auf meine Wandtafel laden und bearbeiten kann. Grundsätzlich kann ich das Board nämlich gebrauch wie ein Tablet. Ich gewann mehr Zuversicht und hatte bald Vorfreude, das Material und die Apps nach den Sommerferien zu gebrauchen.
Am ersten Schultag begutachteten die Schüler*innen dann das neue Klassenzimmer und bestaunten mit grossen Augen den Bildschirm, der da hinter dem Lehrerpult hing. Sie kannten vorher nur die Version der IAW mit Beamer und Stift, der selten funktionierte. Schnell kam der Wunsch der Kinder auf, mal selbst etwas zu schreiben und zu malen und so schaltete ich sie ein. Als alle ungeduldig warteten und ich sagte: «Moment Kinder, die Wandtafel muss erst hochfahren», bekam ich meine ersten Zweifel. Als ich vor zehn Jahren meine Lehrerausbildung anfing, hätte ich niemals gedacht, so einen Satz aus meinem Mund zu hören und mir blieb nichts anderes übrig, als darüber leicht zu schmunzeln.
Nach einem Quartal Erfahrung mit der IAW kann ich nun aber aus voller Überzeugung sagen, dass ich sie nicht mehr missen möchte. Ich habe zu viele Vorteile entdeckt, als dass ich sie einfach so hergeben könnte. Hier sind nur einige Beispiele, die ohne mein IAW so nicht möglich gewesen wären:
- Alle Arbeitsblätter und Buchseiten sind als Kopie auf der Wandtafel abgelegt, sodass ich Aufgaben mit den Schülern zusammen direkt in die Hefte und Bücher lösen kann. Ich habe keine Materialschlacht mehr unter dem Visualizer. So kann ich beim gemeinsamen Korrigieren auf der Wandtafel schreiben und meine Schrift danach einfach wieder löschen, sodass ich für das nächste Mal wieder ein leeres Arbeitsblatt habe. Ähnlich verhält es sich mit dem Ausfüllen des Hausaufgabenheftes. So beschrifte ich wöchentlich dieselbe eingescannte Seite.
- Der Gebrauch von tollen Apps wie StreetView, Visible Body, SolarSystemScope oder dem Padlet. Natürlich kann ich diese auch auf einer Tabletoberfläche benutzen und diese dann auf der Wandtafel spiegeln, die Schüler*innen können aber so genau nachverfolgen, was ich alles anklicke und mache, sodass sie dies einfach kopieren können. Dies ist besonders praktisch, wenn man ihnen die Funktionsweise von Apps erklärt.
- Wandtafelaufschriebe können über Wochen, Monate und Jahre gespeichert und bei Bedarf hervorgeholt werden. «Die Tafel wischen» führt nun nicht mehr dazu, dass alles für immer weg ist. So bauten wir beispielsweise über mehrere Wochen Schritt für Schritt eine MindMap zum alten Ägypten auf.
Und was mach ich nun mit all dem magnetischen Material, welches für eine Wandtafel gemacht worden ist? Nun, das benutze ich einfach im Bankkreis auf dem Boden. Wenn ich also ein Fazit machen müsste, was ich nun lieber habe: klassische Wandtafel mit Kreide oder einem interaktiven Whiteboard, welches am Morgen erstmal hochgefahren werden muss – dann würde ich mich nun jederzeit für das IAW entscheiden.
Magdalena Gisitzki, Lehrperson Zyklus 2, iScout Schulanlage Erzenholz
(Die verwendeten Bilder sind alle von der Autorin selbst erstellt).