Austyn Tester aus Tennessee ist ein ganz normaler Jugendlicher, der davon träumt, durch Social Media berühmt zu werden und das grosse Geld zu machen. Seinen Videos auf Insta und vor allem auf YouNow folgen etwa 13’000 hauptsächlich weibliche Fans im gleichen Alter.
Der Film zeigt, wie viel Zeit es in Anspruch nimmt, so wie er auf den Social Media Accounts präsent zu sein, um die Fangemeinde zu pflegen und zu erweitern. Gezeigt werden aber auch die krassen Schattenseite dieser Schein-Welt, in der es nicht darum geht, sich selbst zu finden, seine Stärken und Möglichkeiten zu entdecken, sondern in der es nur um «das Geschäft» geht: anderen zu gefallen, deren Bedürfnisse abzuholen (oder vielleicht besser auszunutzen?), um damit Geld zu machen. Dahinter steckt ein knallhartes Management und zähes Marketing: auf Kommando fröhlich und nett sein, passend angezogen sein, Frisur, Aussehen und gesamtes Styling, gleichzeitig «sich selbst sein»… und jeder Klick, jeder Like, jeder Follower zählt. Alles muss stimmen. Und gleichzeitig wird klar: Talent in Social Media ist kein Alleinstellungsmerkmal, sondern beliebig austauschbar. Was für ein (Alp-)Traumjob!?
In den 90igern waren es ja im Prinzip Girl- oder Boygroups wie NSYNC, die Backstreet Boys oder die No Angels, die einem vielleicht tatsächlich über die eigene Unsicherheit hinweg geholfen haben oder die man schlicht anhimmeln konnte. Heute finden wir «das hübsche nette Mädchen» oder «den hübschen netten Jungen von nebenan» auf Insta, YouNow oder YouTube und können dort ihre Shows oder ihren Alltag mitverfolgen. Wenige davon schaffen es tatsächlich, gut davon leben zu können. Was für diese Inszenierungen aber alles notwendig ist, wird ungeheuer gut versteckt! Verrückt, wie diese Scheinwelt die Emotionen der jugendlichen Fanbase einfach immer wieder passgenau abholen kann und damit die Illusion vermittelt, dass man nur seinen Träumen zu folgen brauche, dann werde alles gut …
Mein persönlicher Eindruck zu «Beinahe berühmt – von Fameboys und Fangirls»:
Der Film schneidet sehr unterschiedliche Themen an, die durch den Einblick in das Leben von Austyn ganz konkret besprochen werden können. Die Lebensumstände in den USA, speziell dort, wo Austyn aufwächst, sind bestimmt nicht eins zu eins vergleichbar zu jenen in der Schweiz – vergleichbar sind aber die Hoffnungen, die Ängste, die Wünsche und die Bedürfnisse, die Jugendliche erleben, und zwar sowohl vor als auch hinter der Smartphone-Kamera. Der Film dürfte etliche spannende Ansatzpunkte anbieten, um mit Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Medienbildung auf den Sekundarstufen I (mit Bezügen zu ERG) und II über diese Themen und den persönlichen Umgang mit Social Media zu sprechen.
Ausserdem zu empfehlen sind die beiden folgenden Videos, die verschiedene Portraits von Influencern auf Social Media aus der Schweiz zeigen und vielleicht eine spannende Ergänzung zum Portrait von Austyn sein können.
Die Welt der Social Media Influencer | Doku | SRF DOK
Im Unterschied zum vorher vorgestellten Film sprechen hier vor allem erwachsene Influencer. Sie erzählen, worauf man als Influencer achten muss, um erfolgreich zu sein und dass man in dieser Rolle seinen Followern gegenüber Verantwortung hat.
Generation Selfie» – Was steckt hinter der Selbstinszenierung im Netz? | Doku | SRF DOK
In diesem Beitrag geben die Protagonisten Einblick ihre Beweggründe, warum sie ihre Selfies perfektionieren und warum es ihnen so wichtig ist, für ihre Selfies Wertschätzung zu erhalten. So viele Likes wie möglich und die zunehmende Anzahl Follower können das eigene Selbstwertgefühl also durchaus beeinflussen. Stichworte sind: Selbstoptimierung, Selbstinszenierung und das perfekte Bild oder Video. Hey, und das trotz gesprungener Smartphone-Displays!